Wieder stand Carsten Frick vor einer unternehmerischen Herausforderung: „Plötzlich ist dein Geschäftsmodell weg.“ 2003 kam ihm mit einem Partner die Idee, mit Vodafone-Kunden zu telefonieren, um Vertragsverlängerungen zu verkaufen. Sie bauten ein Callcenter auf, wurden größter Vertriebspartner von Vodafone, bis 2005 Vodafone den Schlussstrich setzte. „Wir haben den Agenturen im Umkreis zu viel Geschäft weggenom-men“, meint Carsten. „Eine harte Erfahrung, wenn dir dein Geschäftsmodell weggenommen wird, ohne dass du einen Fehler gemacht hast, weil du zu erfolgreich warst.“ Parallel eröffnete er mit Arcor 12 Standorte im ganzen Ruhrgebiet, wurde bester Arcor-Partner und Fürsprecher für die Region, heiratete, bekam einen Sohn, kaufte ein Haus – eine bewegte Zeit, die ihn viel Energie kostete. Als Vodafone Arcor gekauft hatte, schloss er fünf seiner Läden und wandelte sie in O2-Shops um. Nach zwei Jahren zerbrach seine Ehe. Beide entschieden, dass der kleine Sohn bei Carsten bleiben sollte. „Ich weiß noch wie heute, dass er mir einmal bei der Baubesprechung auf der Baustelle auf dem Arm eingeschlafen ist.“ Er lächelt. „Ich stand da und dachte: Was machst du jetzt aus deinem Leben?“ Seine Entscheidung: einen sauberen Schnitt machen. „Ob Vodafone, Arcor oder O2 – du konntest eigentlich nur Erfolg haben, wenn du den Kunden in die Augen sehen und Dinge verkaufen konntest, die für sie nicht gut bzw. nicht nötig waren. Sie sind dann mit drei Karten nach Hause gegangen, obwohl sie nur eine brauchten. Und das war für mich ein entscheidender Punkt, den ich mit mir selbst nicht mehr vereinbaren konnte. Das war mir nicht niveauvoll genug.“
Kurz vor seinem 30. Geburtstag verkaufte er die ganze Firma, zog mit seiner neuen Freundin in das umgebaute Haus und nahm sich ein Jahr Zeit, seinem Leben und Unternehmertum eine neue Ausrichtung zu geben. „Irgendwann war alles abgewickelt, verkauft, überschrieben. Ich saß zu Hause und hatte keine Verpflichtungen mehr.“ Durch Zufall stieß er auf das Thema Immo-bilien. „Die Makler, die ich bis dahin kennen gelernt hatte, waren bei mir nicht in guter Erinnerung geblieben. Ich traute mir zu, das mit meinem Ehrgeiz besser zu können“, erzählt er. „Ich kannte alle Arcor-Händler und löste deren Problem, indem ich ihnen anbot, mich um ihre Läden zu kümmern. Ich hab sie nach und nach aus ihren Mietverträgen erlöst.“ Berufsbegleitend machte er drei Jahre lang eine Wochenend-Ausbildung als Immobilienmakler, während seine Freundin auf seinen Sohn aufpasste. „Ohne sie wäre das nicht gegangen, aber ich hab auch an mich geglaubt“, betont er. „Im ersten Jahr habe ich schon über 100000€ Umsatz gemacht, im zweiten 300000, dann jedes Jahr weiter skaliert.“ Im ersten Standort in Heisingen führte er Bewerbungsgespräche im fast leeren Büro und musste sich anhören: „Nein, hier will ich nicht arbeiten.“ „Es sah noch nicht so aus, wie ich es in meinem Kopf vor Augen hatte“, lacht er und zeigt mir auf seinem Tablet die Räumlichkeiten, die eine behagliche Atmosphäre bieten. „Ein Jahr später war das Interesse groß, bei mir tätig zu werden.“
Obwohl Carsten Frick die Immobilienmakler-Szene als unbekannter Quer-einsteiger betreten hatte, wurde sein Erfolg schnell sichtbar. Was ihn stark gemacht hat? „Was ich vorher erlebt habe. Ich musste zigmal die Extrameile gehen. Ich weiß, wie Werbung und Marketing funktionieren, hab sogar eine Ausbildung im Medienbereich. Ich hab mir von der letzten Palette Handys eine professionelle Kamera gekauft und fotografieren gelernt.“ Sein Anspruch an Perfektion, seine innere Beweglichkeit, Dinge in Frage zu stellen, sie aus neuem Blickwinkel zu sehen und gewinnend zu präsentieren und sein Bewusstsein für einen niveauvollen Umgang mit anderen Menschen machen ihn einzigartig. „Der war vorher nicht gegeben, wichtige Beweggründe, warum ich etwas verändern wollte“, betont er. „Damals wurde ich erst wirklich Unternehmer. Davor war ich laienhaft selbstständig oder unter dem Dach eines anderen Unternehmens. Von da an hatte ich kein System mehr hinter mir. Ich war das System.“
Als Schüler sah er viele Häuser, in denen er Fenster putzte, später sanierte er diverse Immobilien, baute um, baute neu. Im Themenfeld Immobilien fühlte er sich von Anfang an wohl, sein Unternehmen strahlte Erfahrung und Seriosität aus. Das Vertrauen der Kunden musste er sich dennoch erst verdienen. „Kommt Ihr Vater auch noch?“, fragten ältere Immobilienbesitzer den jungen Makler anfangs, der ihr Schwiegersohn hätte sein können. Heute verfügt er über mehr Lebenserfahrung, kennt viele Höhen und Tiefen. „Ich bin ein Macher, pack die Dinge an und versuch sie großzumachen“, erklärt er seinen Erfolg.
Unternehmertum bedeutet seiner Meinung nach etwas ganz anderes als Selbstständigkeit. Carsten Frick hat immer ein Team um sich geschart, am Unternehmen gearbeitet, sich fokussiert und so seine vielfältigen Ideen und Visionen umgesetzt. Was ihn von anderen abhebt? Ein gewisser Grad an Perfektion, sein Anspruch an Qualität, Verbindlichkeit und das Dranbleiben an Objekten, die nicht auf Anhieb funktionieren. „Dann ist die große Kunst, trotzdem standhaft zu bleiben und dir einen Weg zu überlegen, wie du es hinbekommst.“ Inzwischen findet er sogar Lösungen für Aufträge, an denen andere Makler die Lust verloren haben, sieht die verborgene Schönheit von Objekten mit neuen Augen und macht sich Gedanken um das Wohl des Eigentümers und der Immobilie, die er begehrlich in Szene setzt. Seit sieben Jahren hat er ein 500 qm großes Homestaging-Lager, aus dem heraus er leerstehende Objekte mit Möbeln, Bildern, Pflanzen und Dekorationsartikeln ästhetisch ansprechend bestückt, um sie als Wohlfühl-Zuhause – bis hin zum blauen Badewasser mit Kerze und Handtuch auf dem Wannenrand – wohnlich zu präsentieren.